13.10. – 23.10. 14

Koordinaten einer Kindheit

Folge 41 / 52
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Folge 41 Koordinaten einer Kindheit

Bario gilt als die inoffizielle Hauptstadt des Kelabit-Hochlands. Das Dorf liegt im malysischen Bundesstaat Sarawak an der Grenze zwischen Malaysia und Indonesien. Jedoch ist die Grenze fuer das einheimische Kelabit-Volk eher eine kuenstliche. Denn Sprache und Kultur der Kelabit haben mehr mit denen des Volkes jenseits der Grenze gemeinsam, als mit der malayischen Hochkultur.
In dieser abgelegenen Gegend ist das Internet-Cafe eBario für die meisten Bewohner der einzige Ort, wo sie Internetzugang haben, und selbst hier nur begrenzt. In den drei Tagen, die wir hier verbrachten, gelang es Rian insgesamt nur 7 von ueber 30 ausstehenden Einträgen hochzuladen. Weil die Verbindung so brüchig war, konnten wir auch keine Fotos oder Videos hochladen.

In Pa’ Umor nahm uns Rian fuer die nächsten Tage als seine Gäste auf. Hier hört man tagsüber fast nichts als Hahnengeschrei, Hundegebell und spielende Kinder, und abends, ausser dem Chor, der fleissig in der kleinen Kirche uebt, und in dem auch Rian mitsingt, nur die dröhnenden Benzingeneratoren, die das Dorf mit Strom versorgen.

Bei einem unserer Versuche, Fotos hochzuladen, bat uns Rian um Hilfe bei der Konvertierung von GPS-Koordinaten. Wir hatten natuerlich keine Ahnung von GPS-Koordinaten, konnten ihm aber helfen, im Internet ein Programm zu finden, das sein Problem löste. Als er dann erfuhr, dass wir Filmemacher sind, die interessante Menschen und Geschichten suchen, meinte er: “Vielleicht habe ich was für euch.” Am nächsten Tag sollten wir ihn in seinem Dorf Pa’ Umor treffen, etwa eine Stunde Fussweg von Bario entfernt.

Fünfzehn Jahre lang lebte Rian in den Städten Miri und Bintulu, wo er bei Öl- und Gasfirmen arbeitete. Als die Zeit kam, seine Kinder einzuschulen, entschloss er sich, zu seinem Dorf zurückzukehren. Er betrieb drei Jahre lang eine Bar, entschloss sich aber dann, sich zum Guide ausbilden und zertifizieren zu lassen. Seitdem führt er Gäste in den Dschungel und fast so lange kämpft er auch für die Erhaltung der Wälder um Pa’ Umor als Einheimischenreservat (“Native Customary Land”). Rian hatte nämlich eingesehen, dass die moderne Industrie als solche nicht abzuhalten sei: Entweder musste der Dschungel seiner Kindheit dem Tourismus erschlossen, oder der Holzindustrie preisgegeben werden. Seit der Weltwirtschaftskrise 2007 sei (vermutlich wegen des damit einhergehenden Tropenholz-Preissturzes) die industrielle Holzwirtschaft um Bario eingestellt worden. Doch wie lange?!? Mindestens für Rian war die Krise kein Grund zur Panik, sondern eine Gelegenheit, die ergriffen werden wollte.